Veröffentlicht in Kleine Hunde ganz groß

Kleine Hunde ganz groß, Teil 20: Findest du mich sexy?

Hallo, liebe Hundekumpels und Hundemenschen! Heute soll es um ein sehr kompliziertes, verwirrendes Thema gehen, das uns irgendwie alle betrifft: die Sache mit den Hundemädchen und den Hundejungs.

Nun ist das so: Die ersten Monate, als wir in Deutschland waren, gab es ein paarmal eine wirklich komische Zeit. Eigentlich hatten wir damals sehr große Angst vor anderen Hunden, denn bisher war kaum einer nett zu uns gewesen. Aber auf einmal begannen wir uns sehr für Hundejungs zu interessieren und die waren auch viel netter zu uns. Die Jack Russel Terrier machten uns Komplimente und die großen, furchteinflößenden Hunde hielten sich zurück. Andere kleine Hundejungs waren auf einmal auch viel höflicher, nur manchmal wurden sie aufdringlich. Aus irgendeinem Grund waren wir dann sehr beliebt, und das fanden wir auch ganz in Ordnung so. Besonders einer hatte es uns angetan: Telly. Telly ist ein äußerst attraktiver kleiner Herr in schwarz mit Schlappohren und großer Würde. So ungefähr stellten wir uns unseren Traumrüden vor. Aber auch andere fanden wir plötzlich ganz nett. Da war der klitzekleine Mini-Yorkshire-Terrier, der uns normalerweise eher nervte, oder ein riesiger Mischling in schwarz-weiß, der nun auch recht reizend zu uns war. In Summe waren es also aufregende Zeiten, und vor allem meine Schwester Lunka verdrehte allen Hundejungs den Kopf, indem sie sich zierte, bis die armen Jungs nicht mehr konnten.

Eines Tages fuhr unser Mensch mit uns zum Tierarzt. Auch wenn wir reichlich kurzriechig sind, war uns schon klar, dass etwas ganz anders war. Unser Mensch erklärte uns, dass wir nur kurz schlafen würden, aber die ganze Aufregung roch deutlich nach etwas Komplizierterem. Erst war meine Schwester Lunka dran, und tatsächlich, sie bekam eine Spritze und schlief ein. Unser Mensch ging mit mir erst noch einmal nach draußen, und ich wusste, dass etwas ganz und gar nicht stimmte. Kurz darauf kamen wir zurück und ich wurde mit der gleichen Spritze schlafen gelegt. Als ich wieder aufwachte, war alles ganz furchtbar. Mir war schlecht und ich war auf keinen Fall zuhause. Unser Mensch war weit und breit nicht zu sehen und von meiner Schwester konnte ich nur entfernt riechen, dass mit ihr auch etwas nicht stimmte. Schnell begriff ich, dass ich mich in einem Käfig befand, und als nächstes bemerkte ich, dass an meinem Bauch etwas anders war. Doch kurz darauf erschien unser Mensch. Meine Schwester hatte so ein komisches blaues Ding an und ich bekam auch eines. Darunter hatten wir Verbände. Das war uns egal, denn wir wollten nur noch nach Hause. Dort erklärte uns unser Mensch, dass wir nun keine Babys mehr bekommen könnten. Das fanden wir okay, denn wir wollten ohnehin keine, aber weh tat das alles schon irgendwie.

Nach ein paar Wochen waren die Schmerzen und das ganze Durcheinander vergessen, aber etwas Anderes passierte: Die Zeit, in der uns die Hundejungs so toll fanden, ist seitdem weg. Das ist schon sehr merkwürdig. Ich komme damit nur begrenzt klar. Manchmal springe ich einem, den ich besonders anziehend finde, ins Gesicht, aber die meisten reagieren eher verständnislos. Dafür finden wir seitdem manche Hundejungs immer toll, egal zu welcher Jahreszeit, und so haben wir tatsächlich Freunde gefunden. Telly ist immer noch sehr attraktiv, aber allmählich kommt er in die Jahre. Mittlerweile gibt es auch andere, die wir wirklich mögen, zum Beispiel Lucky. Gut, wir sind auch mutiger geworden. Lunka keift die meisten Hundejungs pauschal erst einmal weg, aber ich bin nicht so zickig. Vor allem einer hätte es mir angetan: ein sehr männlicher hübscher blonder mit Stehohren. Ich habe schon alles versucht, damit er mich auch sexy findet, aber da ist nichts zu machen, egal wie sehr ich ihm zeige, dass ich superschnell sausen kann. Mein Mensch behauptet, ich mache mich so ein bisschen lächerlich, und meine Schwester kommt mit ihrem Gezicke meistens weiter, aber ich mag lieber freundlich sein. So ist das eben. Ich frage mich, ob das etwas damit zu tun hat, dass wir eben diese Zeit im Jahr nicht mehr haben, weil wir dieses eine Mal schlafen gelegt wurden. Dann fände ich das schon irgendwie doof. Schließlich bin ich doch so sexy!

Ein sehr nachdenkliches Nuff an euch alle!

Lilly und Lunka

Autor:

Lunka und Lilly sind zwei kleine Mischlingshunde aus dem Tierheim Kezmarok am Fuße der Hohen Tatra in der nordöstlichen Slowakei. Sie kamen als einjährige Junghunde im Sommer 2008 nach Deutschland. Ihr Zustand war wie bei vielen Hunden aus dem Ausland nicht gut, obwohl es noch deutlich schlimmere Fälle gibt. Sie waren sehr mager und verängstigt. Gerade deshalb ist es immer wieder erstaunlich, wie sehr sich die beiden gemacht haben. Aus ihrem „ersten Leben“ weiß man nicht viel. Sie kamen wohl als Welpen noch an die Kette und fristeten so ihr erstes Lebensjahr. Als sie dann mit einem Jahr noch nicht furchteinflößend genug waren, wollte man sie wohl beseitigen. Genaues weiß man nicht, aber nachdem Plastiktüten und raschelnde Folien immer noch ein großes Problem sind, kann man sich wohl seinen Reim darauf machen. Allerdings werden Tüten, die möglicherweise Leckerlis enthalten, mittlerweile eher freudig begrüßt. Große Angst haben sie immer noch vor Männern mit Stöcken bzw. Angeln, vor sehr dominant auftretenden Menschen und Hunden sowie vor kleinen Kindern. Umso beachtlicher ist es, wie mutig sie schon geworden sind. Unseren kleinen Ausflug in die Welt der Schule haben sie sehr genossen; ebenso besuchen wir mittlerweile mit großer Begeisterung jeden zweiten Samstag ein Alten- und Pflegeheim für Demenzkranke. Es ist sehr anrührend zu beobachten, wie sehr sie auf die kranken Menschen eingehen. Interessanterweise lassen sie sich von diesen auch alles gefallen. Selbst wenn jemand etwas gröber ist, verzeihen sie das sofort und gehen auch sofort wieder zu demjenigen hin. Bei gesunden Menschen würden sie das nicht tun. Selbstverständlich gilt hier wie auch in allen anderen Bereichen, die wir uns nach und nach erobern: Sobald die beiden zeigen, dass sie sich unwohl fühlen, wird die möglicherweise stressbesetzte Situation unterbrochen. Auf diese Weise trauen sie sich nun immer mehr zu und so werden sie auch zu einem schönen Beispiel, was aus den ominösen „Tierschutzhunden aus dem Ausland“ alles werden kann. Das Tierheim Kezmarok ist in der sehr armen Region, in der es liegt, zumeist die einzige Chance für viele Hunde und Katzen. Selbstverständlich darf man sich dieses Asyl nicht vorstellen wie eines unserer deutschen Tierheime. Es gibt nicht auf dem ganzen Gelände Strom, und um eine Wasserleitung kämpfen wir seit Jahren. Seit letztem Sommer existiert immerhin ein Auslauf, denn bis dahin fristeten die Hunde den Großteil ihres Lebens im Zwinger. Es gibt keine nennenswerten Innenanlagen, d. h. wenn es im Winter bitterkalt wird (letzten Winter wochenlang um die -20 Grad!), wird das Überleben vor allem für kleinere und kurzhaarige Hunde schwierig. Die Katzen bewegen sich frei im Umland und kommen zum Füttern. Trotz dieser Zustände ist das Tierheim Kezmarok eine Lebensaufgabe für Idealisten, denn im Gegensatz zu den bekannten staatlichen Tierheimen wird dort immerhin kein Tier getötet, und die dortigen Mitarbeiter kümmern sich mit größtmöglicher Liebe und Zuwendung um die Tiere. Im Sommer 2011 wurde das Tierheim vom nahe gelegenen Gebirgsbach überschwemmt und zum großen Teil zerstört. Nur durch die beeindruckende Hilfe der dortigen Bevölkerung und den spontanen Einsatz deutscher Tierschutzvereine und durch viele Spenden aus Deutschland konnte es wieder aufgebaut werden. Die Tierhilfe Hohe Tatra Kezmarok e.V. ist ein sehr junger Verein, der sich der Unterstützung des Tierheims in Kezmarok verschrieben hat. Neben der Vermittlung von Hunden und Katzen ist ein Hauptziel, das Tierheim durch Spenden und tatkräftige Hilfe zu unterstützen. So wurde der Verein zu einer wichtigen Stütze für Tier und Mensch.

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