Veröffentlicht in Kleine Hunde ganz groß

Kleine Hunde ganz groß, Teil 27: Von Tieren und Ärzten

Lunka und LillyHallo, liebe Hundekumpels und Hundemenschen! Irgendwann ist es für jeden soweit: Hund muss zum Tierarzt. Meine Schwester Lilly kriegt immer das große Schlottern, wenn es wieder absehbar ist, wohin wir fahren. Wir müssen ja relativ häufig dorthin. Aber unser Mensch sagt, das sind nur Kleinigkeiten, und danach geht es uns besser.

Grundsätzlich finde ich Tierärzte an sich viel logischer als Menschenärzte, denn wenn man sich nur für eine Art Lebewesen interessiert, beschränkt man sich schon sehr, finde ich. Es gibt ja auch keine Nur-Hunde-Ärzte oder Nur-Katzen-Ärzte. Gut, Spezialisten gibt es immer, aber selbst ein Kuhspezialist hat ja irgendwann mal gelernt, wie ein Hund funktioniert. Probiert das mal bei einem Menschenarzt! Wobei man zur Ehrenrettung schon zugeben muss: Die Mutter von unserem Menschen ist ja auch Menschenärztin und mit ihr lässt sich durchaus recht angenehm fachsimpeln. Außerdem finden sich in ihrem Büro zuhause ganz interessante Fachbücher, und hund muss sich schließlich in allen Fachbereichen fortbilden.

 

Ich persönlich interessiere mich für alles, was lebt, sodass unser Mensch immer sagt, ich sei der kleine Medizinhund. Unseren Menschen untersuche ich fast täglich in der Früh recht gründlich, und auch meine Schwester und die Kaninchen habe ich im Griff. Als die noch klitzekleine Kaninchenbabys waren, hat sie uns unser Mensch jeden Tag unter die Nase gehalten, damit ich sie abchecken kann. Einmal habe ich bei Bonnie am linken Äuglein was erschnuppert und es gleich unserem Menschen mitgeteilt. Als wir dann bei unserer Tierärztin waren, stellte sich heraus, dass sie dort wirklich eine ganz leichte Entzündung hatte. Als ob an meiner Diagnose noch Zweifel bestanden hätten… Ich finde jeden Mückenstich, jede Zecke und jeden Schnupfen. Auch die Beulen, die meine Schwester ab und zu mal am Brustkorb hatte, wurden von mir stets sorgfältig überwacht. Jeden Morgen habe ich meine Schwester plattgedrückt, damit sie sich ja stillhält, und dann wurde geschnuppert. Der Heilungsprozess ging ganz gut voran, also war ich sehr zufrieden.

 

Bei Ärzten läuft das Ganze bekanntermaßen zumeist nach dem gleichen Schema ab: Einer oder mehrere von uns kommen auf den Tisch und dann passieren doofe Dinge. Manchmal muss hund da auch ein bisschen weinen, aber es hilft ja nichts. Wenn meine Schwester oder die Kaninchen dran sind, passe ich immer sehr auf, denn eine Gelegenheit zur Fortbildung darf hund nicht einfach so auslassen. Vor allem bei den Kaninchen muss hund da sehr gut zuschauen, schließlich wird ja möglicherweise mein fachlicher Rat gebraucht. Und wenn wir fertig sind, gibt’s Kekse für alle. Das ist schon fein.

 

Letzten Sommer musste unser Mensch ab und zu ganz früh morgens zum Menschenarzt, denn da war eine, die wollte immer Blut haben. Aus dem Fernsehen weiß ich, dass solche Menschen Vampire heißen und dass sie das Blut zum Überleben brauchen, aber ich weiß nicht, ob das dasselbe ist. Auf alle Fälle war sie sehr nett und wollte immer, dass wir mitkommen, weil sonst noch niemand da war und vor allem weil sie so viele Hundekekse hatte, dass sie sie vermutlich gar nicht selber essen konnte. Also kam unser Mensch auf den Tisch, und das war doof. Anfangs hat sie gequiekt, dass wir ihr helfen sollen, aber das hilft nichts, da muss auch ein Mensch durch. Außerdem haben wir gleich gemerkt, dass sie das irgendwie nicht ernst meint. Also haben wir die Öhrchen angelegt und gewartet. Es hilft ja nichts. Danach gibt’s bestimmt Kekse für alle. Und so kam es auch. Unser Mensch war fertig und wir bekamen alle Kekse. Unser Mensch wollte komischerweise keine. Umso besser für uns, zumal wir nicht einmal selbst auf den Tisch mussten! Natürlich hat sie behauptet, mit der Quietscherei wollte sie nur testen, ob wir sie verteidigen würden. Ja, klar, als ob wir nicht wüssten, wie Arztbesuche funktionieren. Da kriegt hund großen Ärger, wenn er auf die Idee kommt, jemanden zu verteidigen.

 

Aber ich will ja nicht über Menschenärzte schreiben. Das erste Problem war ganz am Anfang, für uns eine gute Tierärztin zu finden. Beziehungsweise, gute gibt es bestimmt viele, aber unser Mensch ist da sehr kritisch. Erst waren wir bei einer älteren Dame, die fanden wir alle sehr, sehr nett. Aber dann sollten wir beide operiert werden, und das ging da nicht. Also mussten wir dazu in die Tierklinik. Und weil es bei meiner Schwester Lilly ganz arg lang gedauert hat, bis das alles wieder heile war (Sie hatte ein Loch im Bauch!), lernten wir dort so ziemlich alle Tierärztinnen kennen. Die waren alle wirklich nett, und irgendwie war das wie ein Casting, behauptet unser Mensch. Denn so kamen wir schließlich zu unseren „Mädels“, wie unser Mensch manchmal sagt. Eben die Besten der Besten.

 

Eine davon wohnt jetzt leider ganz weit weg und die andere heißt Frau Süß und – ich weiß, wie kitschig – so ist sie auch. Obwohl sie mir manchmal vorkommt wie ein Terrier: Wenn irgendetwas nicht stimmt, sucht sie so lange, bis sie herausfindet, was es ist. Wie ein Terrier eben, der etwas jagt oder so. Auf diese Art kam sie auch bei uns schon auf Diagnosen, die andere nicht stellen konnten. Seht ihr, was ich meine? Eben die Beste. Das findet übrigens auch unser großer Bruder Oskar. Der hatte anfangs eine ganz arg schlimme Verletzung im Gesicht unter dem Auge und bis in den Mund. Vor allen anderen Tierärzten hat er Angst (Pssst!), aber unsere süße Frau Süß hat auch das hingekriegt. Und Oskars Gesicht ist jetzt wieder heile.

 

Seit der Tierklinikzeit ist viel Zeit vergangen und Frau Süß arbeitet jetzt mit einem anderen Tierarzt in einer Praxis zusammen. Der heißt Dr. Schulz und sieht auch sehr nett aus. Frau Süß ist immer noch ganz lieb zu uns und spielt auch ein wenig mit uns, wenn wir fertig sind. Eines ihrer Lieblingsspiele ist, unsere Zungen zu fangen, wenn wir ihre Hand abschlecken. Das ist ein klein wenig doof, aber auch recht lustig. Ich bin da noch unentschlossen. Ich schleck halt so gern. Weil wir doch recht oft dort sind, kennen wir uns mittlerweile schon sehr gut und ich lerne doch auch ziemlich viel von ihr. Meine Schwester Lilly hat immer nur Angst, bis sie endlich vom Tisch runterdarf. Manchmal ist das echt peinlich. Aber gut, das mit dem Loch im Bauch war bestimmt doof damals. Letztes Mal war dafür sehr spannend: Unser Mensch hat unserer Frau Süß gesagt, dass Lilly morgens immer so verklebte Äuglein hat. Da wurde ich sofort ganz aufgeregt, denn das mit den Augen kenne ich schon: Als wir hier in unserem neuen Leben ankamen, hatte ich ein paar Löcher auf der Hornhaut und dann bekam ich Tropfen in die Augen und auf einmal war die Welt ganz grün! Das war vielleicht lustig. Auf alle Fälle musste ich dann ganz lang eine Augensalbe kriegen und danach Kekse. Klar. Mit Lillys Äuglein wurde etwas ganz Anderes gemacht. Die bekam auch Tropfen, aber die waren farblos und rochen ganz anders als meine grünen. Frau Süß erklärte mir, dass man mit den Tropfen keine Schmerzen im Auge spürt. Aha. Dann hat sie mit einer Pinzette ganz vorsichtig das dritte Augenlid vorgefischt und da drin war eine Entzündung. Gut, so genau war meine Diagnose nicht, aber die Entzündung hatte ich auch schon erschnuppert! Trotzdem, beeindruckende Diagnostik, finde ich. Also gab es wieder Augensalbe. Und Kekse natürlich. Und als dann alle endlich ganz fertig waren, durften wir noch ein wenig spielen, und weil Frau Süß jetzt endlich begriffen hat, dass wir Kolleginnen sind, musste ich ihr einfach auf den Schoß springen und sie schmusen. Ihr wisst ja, Menschen müssen immer sofort bestätigt werden, wenn sie etwas richtig machen. An einer Sache müssen wir aber noch arbeiten: Es gibt in der neuen Praxis nicht ganz so leckere Kekse wie in der Klinik. Dort haben wir immer so leckere Vitaminkekse bekommen. Irgendwann hat Frau Süß mal auf dem Etikett nachgeschaut, wie viele wir eigentlich essen dürfen, und es stellte sich heraus, dass wir den Vorrat für die nächsten Wochen schon intus hatten. Oha! Auf den Schreck gab’s gleich noch eins. Gesund ist schließlich gesund!

 

So ist das bei uns mit den Tieren und den Ärzten. Bisher hatten wir außer aufgeschnittenen Pfoten und einer Zahnoperation noch nicht allzu viel Schlimmes, aber selbst wenn, wir wären ja krankenversichert. Unser Mensch sagt immer, das war die beste Entscheidung, die sie für uns treffen konnte. Denn so haben wir mehr Geld übrig und können wieder mehr Kekse kaufen. Stimmt. Irgendwie habe ich jetzt Hunger nach all den Geschichten über Ärzte und Kekse. Bleibt gesund und sagt euren Menschen, dass sie euch den allerbesten Tierarzt suchen sollen, den es bei euch gibt! Schließlich ist das Beste für uns gerade gut genug.

 

Ein Tierarztkeksnuff an euch alle!

 

Lunka und Lilly

 

 

Autor:

Lunka und Lilly sind zwei kleine Mischlingshunde aus dem Tierheim Kezmarok am Fuße der Hohen Tatra in der nordöstlichen Slowakei. Sie kamen als einjährige Junghunde im Sommer 2008 nach Deutschland. Ihr Zustand war wie bei vielen Hunden aus dem Ausland nicht gut, obwohl es noch deutlich schlimmere Fälle gibt. Sie waren sehr mager und verängstigt. Gerade deshalb ist es immer wieder erstaunlich, wie sehr sich die beiden gemacht haben. Aus ihrem „ersten Leben“ weiß man nicht viel. Sie kamen wohl als Welpen noch an die Kette und fristeten so ihr erstes Lebensjahr. Als sie dann mit einem Jahr noch nicht furchteinflößend genug waren, wollte man sie wohl beseitigen. Genaues weiß man nicht, aber nachdem Plastiktüten und raschelnde Folien immer noch ein großes Problem sind, kann man sich wohl seinen Reim darauf machen. Allerdings werden Tüten, die möglicherweise Leckerlis enthalten, mittlerweile eher freudig begrüßt. Große Angst haben sie immer noch vor Männern mit Stöcken bzw. Angeln, vor sehr dominant auftretenden Menschen und Hunden sowie vor kleinen Kindern. Umso beachtlicher ist es, wie mutig sie schon geworden sind. Unseren kleinen Ausflug in die Welt der Schule haben sie sehr genossen; ebenso besuchen wir mittlerweile mit großer Begeisterung jeden zweiten Samstag ein Alten- und Pflegeheim für Demenzkranke. Es ist sehr anrührend zu beobachten, wie sehr sie auf die kranken Menschen eingehen. Interessanterweise lassen sie sich von diesen auch alles gefallen. Selbst wenn jemand etwas gröber ist, verzeihen sie das sofort und gehen auch sofort wieder zu demjenigen hin. Bei gesunden Menschen würden sie das nicht tun. Selbstverständlich gilt hier wie auch in allen anderen Bereichen, die wir uns nach und nach erobern: Sobald die beiden zeigen, dass sie sich unwohl fühlen, wird die möglicherweise stressbesetzte Situation unterbrochen. Auf diese Weise trauen sie sich nun immer mehr zu und so werden sie auch zu einem schönen Beispiel, was aus den ominösen „Tierschutzhunden aus dem Ausland“ alles werden kann. Das Tierheim Kezmarok ist in der sehr armen Region, in der es liegt, zumeist die einzige Chance für viele Hunde und Katzen. Selbstverständlich darf man sich dieses Asyl nicht vorstellen wie eines unserer deutschen Tierheime. Es gibt nicht auf dem ganzen Gelände Strom, und um eine Wasserleitung kämpfen wir seit Jahren. Seit letztem Sommer existiert immerhin ein Auslauf, denn bis dahin fristeten die Hunde den Großteil ihres Lebens im Zwinger. Es gibt keine nennenswerten Innenanlagen, d. h. wenn es im Winter bitterkalt wird (letzten Winter wochenlang um die -20 Grad!), wird das Überleben vor allem für kleinere und kurzhaarige Hunde schwierig. Die Katzen bewegen sich frei im Umland und kommen zum Füttern. Trotz dieser Zustände ist das Tierheim Kezmarok eine Lebensaufgabe für Idealisten, denn im Gegensatz zu den bekannten staatlichen Tierheimen wird dort immerhin kein Tier getötet, und die dortigen Mitarbeiter kümmern sich mit größtmöglicher Liebe und Zuwendung um die Tiere. Im Sommer 2011 wurde das Tierheim vom nahe gelegenen Gebirgsbach überschwemmt und zum großen Teil zerstört. Nur durch die beeindruckende Hilfe der dortigen Bevölkerung und den spontanen Einsatz deutscher Tierschutzvereine und durch viele Spenden aus Deutschland konnte es wieder aufgebaut werden. Die Tierhilfe Hohe Tatra Kezmarok e.V. ist ein sehr junger Verein, der sich der Unterstützung des Tierheims in Kezmarok verschrieben hat. Neben der Vermittlung von Hunden und Katzen ist ein Hauptziel, das Tierheim durch Spenden und tatkräftige Hilfe zu unterstützen. So wurde der Verein zu einer wichtigen Stütze für Tier und Mensch.

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