Veröffentlicht in Kleine Hunde ganz groß

Kleine Hunde ganz groß, Teil 10: Von alten und kranken Menschen

Hallo, liebe Hundekumpels und Hundemenschen! Dieses Mal möchte ich euch etwas erzählen, was mir ganz besonders am Herzen liegt. Seit einem halben Jahr ungefähr besuchen wir drei nämlich jeden zweiten Samstag eine Einrichtung, wo alte und kranke Menschen wohnen. Daraus haben wir ein richtiges Ritual gemacht, und wir freuen uns immer sehr darauf. Natürlich war das Ganze unsere Idee.

Wir haben unserem Menschen begreiflich gemacht, dass wir alte Menschen toll finden. Das sind sie ja auch. Sie sind nicht mehr ganz so schnell, und viele Omis haben irgendetwas Leckeres in den Taschen. Es passiert gar nicht so selten, dass wir mit hoch erhobenen Nasen einer Oma hinterherwatscheln. Was soll man da auch machen…

Zurück zu unserem Ritual: Erst gehen wir ins Zookies, um uns Kekse zu kaufen. Das ist ganz wichtig, denn die alten Menschen sollen uns ja Kekse geben; dann macht es viel mehr Spaß, mit denen zu spielen. Es müssen allerdings Kekse aus dem Zookies sein, denn ab und zu isst einer von den Menschen tatsächlich so einen Keks selber! Das verstehen wir nicht so ganz, das macht sonst niemand. Diese Menschen mögen wohl auch unsere leckeren Käsekekse probieren. Macht nichts, wir haben ja genug. Auf alle Fälle können anscheinend Menschen die Zookieskekse auch essen, und so gibt es da keine Probleme. Allein der Besuch im Zookies lohnt sich natürlich schon.

Wenn wir dann in unserem Futterbeutel genug Keksmunition haben, gehen wir weiter ins dieses Heim für die armen Menschen. Wobei, so arm sind die vielleicht gar nicht, denn sie haben einen superschönen Park. Aber ganz raus aus dem Park dürfen die anscheinend auch nicht. Was genau mit den Menschen los ist, wissen wir nicht, aber sie scheinen sehr verwirrt zu sein. Unser Mensch sagt, die hätten „Demenz“. Das ist vermutlich nicht schön, aber manchmal ist es doch lustig.

Als wir das erste Mal ankamen, waren wir gleich ganz aufgeregt. Es roch nach allen möglichen Sachen, und erstmal mussten wir selbstverständlich sämtliche Reste vom Kaffeetrinken vom Boden aufsammeln. Da waren sehr leckere Menschenkeksreste. Also fanden wir die ganzen Menschen schon mal sehr toll. Schließlich teilen die offenbar ganz viele Kekse mit uns. Viele von den alten Leuten können nicht mehr selber gehen, also haben sie Rollstühle. Anfangs gingen wir nur herum, hüpften auf Rollstühle, suchten Kekse und all sowas. Meine Schwester Lilly wurde ganz verrückt vor lauter Futterbeutel apportieren und Kekse suchen. Aber nachdem ich ja mehr auf die Menschen aufpasste, hatte ich die alle schon besser im Blick. Ich fand von Anfang an, dass da mehr dahinterstecken musste. Als wir schon fast gehen wollten, wurde ein Mann im Rollstuhl hereingefahren. Und irgendwie konnte ich nicht anders: Ich musste da einfach draufhüpfen. So schnell konnten die anderen Menschen gar nicht schauen, aber dann ließen sie mich einfach machen. Schließlich bin ich ja der kleine Medizinhund. Erst war er erschrocken, aber allmählich fing er an mich zu streicheln. Da war er zwar etwas ungeschickt, aber mir gefiel, dass er das gut fand. Anscheinend hatte er früher auch einen Hund und er begann sich zu erinnern. Das war schon schön und irgendwann hüpfte ich dann einfach wieder runter.

Im Sommer, als es warm wurde, schnappten wir uns immer die Leute und gingen mit ihnen in den kleinen Park, der zum Haus gehört. Das war vielleicht lustig! Wir fetzten um die Obstbäume, die Leute lachten, und später spielten mit den Leuten Apportieren. Alle hatten sehr viel Spaß. Es dauerte zwar immer etwas, bis die den Klettverschluss und den Reißverschluss offen hatten, aber wir sind ja geduldig. Manchmal spielten wir auch, dass die alten Menschen unserem Menschen sagen müssen, wo sie unseren Beutel verstecken soll. Wir mussten so lange warten und ihn danach suchen. Das war lustig! Manche wollten, dass sie den Beutel auf einem Baum versteckt, und dann mussten wir wieder erklären, dass wir doch keine Katzen sind. Wobei ich schon einmal auf einen Baum geklettert bin, aber das ist eine andere Geschichte. Hoffentlich wird es bald wieder warm; draußen ist es doch sehr viel schöner.

Meine Schwester Lilly ist meistens nur auf die Kekse aus. Ich sehe meinen Job aber woanders. Ich weiß ja, dass wir beide immer gleich viele Kekse kriegen, also keine Panik. Jedes Mal, wenn wir dort sind, suche ich mir den Menschen aus, dem es besonders schlecht geht oder der sehr will, dass ich komme. Dann mache ich das und bleibe einfach da. Viele von denen haben bestimmt ganz schlimme Sachen erlebt, wie wir auch. Vielleicht ist es mir deshalb so wichtig zu denen zu gehen. Da ist zum Beispiel eine Dame, die immer in einer anderen Sprache spricht, die keiner versteht. Die will immer ganz arg, dass ich mich zu ihr setze, also mache ich das. Mit uns spricht sie dann manchmal sogar Deutsch und sie lacht immer ganz viel, wenn ich sie ein bisschen abschlecke. Das ist doch was! Ein sehr lustiger, netter Herr redet meistens nur Quatsch, aber mit uns redet er wirklich fast normal. Er nennt uns zwar „Wastl“ und „Maxl“, aber darüber sehen wir hinweg. Und ein anderer Herr, der auch immer ganz nett lacht, rückt den Futterbeutel immer nicht mehr heraus. Meistens hat er Besuch von seiner Schwester, die sich dann ganz furchtbar aufregt und ihn schimpft. Das findet er lustig. Ich persönlich bin ja der Meinung, der macht das mit Absicht, um seine Schwester zu ärgern. Ihr seht also, solche Besuche sind durchaus lohnenswert!

Ganz besonders nett ist aber eine Frau, die dort arbeitet. Sie heißt Ingrid und ist immer furchtbar lieb zu uns. Sie hilft immer, die alten Menschen zusammenzusortieren und ist stets sehr besorgt um die Menschen und um uns. Für die Menschen dort ist sie auch ganz wichtig, glaube ich. Manchmal sind die alten Menschen tatsächlich etwas ungeschickt und packen uns ein wenig zu hart oder treten uns auch mal ein wenig. Letztes Mal saß Lilly auf dem Schoß von einem Herrn, und der ist vor irgendetwas erschrocken und packte sie an ihren schicken Ohren. Da bin ich auch etwas zusammengezuckt, aber unser eigener Mensch ist doch immer da und hilft uns, und so schlimm ist das auch nicht. Mit einem Käsekeks war dann wieder alles in Ordnung. Wir wissen ja, dass die es nicht böse meinen, und verzeihen ihnen sehr viel mehr als anderen Menschen. Das findet unser Mensch so bemerkenswert: Wenn jemand im normalen Leben zu uns unsensibel ist, gehen wir nie wieder hin. Wenn aber jemand von unseren alten Menschen etwas gröber ist, macht uns das nichts aus. Ich bin der Meinung, das ist ganz logisch, denn die machen das ja nicht mit Absicht, und wir wissen ja auch, dass unser Mensch im Zweifelsfall einschreitet. Und die meisten Menschen lernen auch ganz schnell, dass man mit uns vorsichtig sein muss, und das vergessen sie komischerweise auch nicht.

Wir sind sehr froh, dass wir diese Menschen besuchen dürfen und dass die sich immer so über uns freuen. Deswegen hoffen wir, dass wir unser Samstagsritual noch ganz lange machen dürfen und dass sich vielleicht auch andere finden, die es uns nachtun wollen. Am Abend sind wir alle dann immer vollkommen erschöpft, aber glücklich mit den Bäuchen voll Keksen.

Ein erfülltes Nuff an euch alle!

Lunka und Lilly

Autor:

Lunka und Lilly sind zwei kleine Mischlingshunde aus dem Tierheim Kezmarok am Fuße der Hohen Tatra in der nordöstlichen Slowakei. Sie kamen als einjährige Junghunde im Sommer 2008 nach Deutschland. Ihr Zustand war wie bei vielen Hunden aus dem Ausland nicht gut, obwohl es noch deutlich schlimmere Fälle gibt. Sie waren sehr mager und verängstigt. Gerade deshalb ist es immer wieder erstaunlich, wie sehr sich die beiden gemacht haben. Aus ihrem „ersten Leben“ weiß man nicht viel. Sie kamen wohl als Welpen noch an die Kette und fristeten so ihr erstes Lebensjahr. Als sie dann mit einem Jahr noch nicht furchteinflößend genug waren, wollte man sie wohl beseitigen. Genaues weiß man nicht, aber nachdem Plastiktüten und raschelnde Folien immer noch ein großes Problem sind, kann man sich wohl seinen Reim darauf machen. Allerdings werden Tüten, die möglicherweise Leckerlis enthalten, mittlerweile eher freudig begrüßt. Große Angst haben sie immer noch vor Männern mit Stöcken bzw. Angeln, vor sehr dominant auftretenden Menschen und Hunden sowie vor kleinen Kindern. Umso beachtlicher ist es, wie mutig sie schon geworden sind. Unseren kleinen Ausflug in die Welt der Schule haben sie sehr genossen; ebenso besuchen wir mittlerweile mit großer Begeisterung jeden zweiten Samstag ein Alten- und Pflegeheim für Demenzkranke. Es ist sehr anrührend zu beobachten, wie sehr sie auf die kranken Menschen eingehen. Interessanterweise lassen sie sich von diesen auch alles gefallen. Selbst wenn jemand etwas gröber ist, verzeihen sie das sofort und gehen auch sofort wieder zu demjenigen hin. Bei gesunden Menschen würden sie das nicht tun. Selbstverständlich gilt hier wie auch in allen anderen Bereichen, die wir uns nach und nach erobern: Sobald die beiden zeigen, dass sie sich unwohl fühlen, wird die möglicherweise stressbesetzte Situation unterbrochen. Auf diese Weise trauen sie sich nun immer mehr zu und so werden sie auch zu einem schönen Beispiel, was aus den ominösen „Tierschutzhunden aus dem Ausland“ alles werden kann. Das Tierheim Kezmarok ist in der sehr armen Region, in der es liegt, zumeist die einzige Chance für viele Hunde und Katzen. Selbstverständlich darf man sich dieses Asyl nicht vorstellen wie eines unserer deutschen Tierheime. Es gibt nicht auf dem ganzen Gelände Strom, und um eine Wasserleitung kämpfen wir seit Jahren. Seit letztem Sommer existiert immerhin ein Auslauf, denn bis dahin fristeten die Hunde den Großteil ihres Lebens im Zwinger. Es gibt keine nennenswerten Innenanlagen, d. h. wenn es im Winter bitterkalt wird (letzten Winter wochenlang um die -20 Grad!), wird das Überleben vor allem für kleinere und kurzhaarige Hunde schwierig. Die Katzen bewegen sich frei im Umland und kommen zum Füttern. Trotz dieser Zustände ist das Tierheim Kezmarok eine Lebensaufgabe für Idealisten, denn im Gegensatz zu den bekannten staatlichen Tierheimen wird dort immerhin kein Tier getötet, und die dortigen Mitarbeiter kümmern sich mit größtmöglicher Liebe und Zuwendung um die Tiere. Im Sommer 2011 wurde das Tierheim vom nahe gelegenen Gebirgsbach überschwemmt und zum großen Teil zerstört. Nur durch die beeindruckende Hilfe der dortigen Bevölkerung und den spontanen Einsatz deutscher Tierschutzvereine und durch viele Spenden aus Deutschland konnte es wieder aufgebaut werden. Die Tierhilfe Hohe Tatra Kezmarok e.V. ist ein sehr junger Verein, der sich der Unterstützung des Tierheims in Kezmarok verschrieben hat. Neben der Vermittlung von Hunden und Katzen ist ein Hauptziel, das Tierheim durch Spenden und tatkräftige Hilfe zu unterstützen. So wurde der Verein zu einer wichtigen Stütze für Tier und Mensch.

Ein Kommentar zu „Kleine Hunde ganz groß, Teil 10: Von alten und kranken Menschen

  1. Vermissen Teil 9
    Eure Besuche im Altersheim finden wir ganz tooooollll, schön dass ihr euch die Zeit nehmt!!!
    Vieles im Leben kann man kaufen, vieles beliebig vermehren, nur die Zeit die sich wie ein Bogen über alles spannt verfliegt, Ziele die eben noch gelten sind morgen Geschichte. Erfolge sind nur eine Etappe auf unserem Weg. Was kann man da einem Menschen, den man mag Wertvolleres schenken, als Zeit. Zeit die man gemeinsam verbringt.
    Manchmal wünschen wir uns, uns die Zeit zu nehmen, die wir glauben nicht zu haben..
    Das ist unser Vorsatz fürs neue Jahr

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