Veröffentlicht in Kleine Hunde ganz groß

Kleine Hunde ganz groß, Teil 6: Die Sache mit den Kaninchen

Hallo, liebe Hundekumpels und Hundemenschen! Heute begann unser Tag mal wieder mit einem entsetzten Schrei am Morgen: „Ausbruch aus Alcatraz!“ Jetzt weiß ich leider nicht, was genau ein Alcatraz ist.

Aber es muss wohl ein Kaninchengehege sein, denn unsere waren mal wieder in der Wohnung unterwegs. Ich finde, das ist ein guter Anlass, um euch die Sache mit den Kaninchen zu erzählen. Und zwar bin ich die kleine Lilly, falls ihr es noch nicht gemerkt habt, denn diese Geschichte hat uns meine Schwester eingebrockt und sie würde sie wohl nicht so ganz wahrheitsgemäß beichten…

 Es begann vor gut zwei Jahren. Unser Mensch schleppte uns mal wieder überall mit hin, damit wir aus unserer „Seifenblase herauskommen und die Welt sehen“. Auf die Art landeten wir auch in einem von diesen riesigen Geschäften, wo es allerhand Pflanzen und kleine Tiere und alles, was man halt dafür so braucht, zu kaufen gibt. Wir wollten Fische, und während unser Mensch welche fürs Aquarium aussuchte (Oh ja, so eins haben wir auch!), amüsierten wir zwei uns mit den Goldfischen, die ja praktischerweise auf Bodenhöhe wohnen. Die kommen immer angeschwommen und wollen uns auf die Nase knutschen. Sehr unterhaltsam. Aber leider ist ja das Glas dazwischen. Neben den Fischen wohnen die kleinen Käfigtiere, unter anderem eben auch Kaninchen. Und was macht meine Schwester? Während ich auf direktem Weg die Kekse anpeile (Logisch, oder?), setzt sie sich mitten vor das Gehege mit den Kaninchen und fragt die doch tatsächlich, ob eins Lust auf einen Ratsch hätte. Und wirklich kamen dann ein, zwei freche angehoppelt und unterhielten sich mit ihr. Unser Mensch fand das natürlich furchtbar süß. Ich ahnte schon, wohin das führen würde. Das ganze Spiel wiederholte sich noch etliche Male, und irgendwann kam dann unser Mensch natürlich mit zwei solchen Schlappohren an. Sie behauptet zwar, wir wollten die alle, aber ich hätte ganz eindeutig dagegen gestimmt!

Zugegeben, anfangs waren sie ja auch noch ganz putzig. Unser Mensch nannte sie „Bonnie“ und „Clyde“. Mittlerweile heißen sie eher „Mamsell la Bömm“ und „der Bub“, aber wir haben ja auch Spitznamen. Allerdings schmeichelhaftere. Als die beiden einzogen, waren sie noch süße, kleine Babys. Sie hatten einen Käfig und einen Auslauf in der Wohnung, weil sie ja noch so winzig waren. Jeden Tag wurden sie hin- und hergetragen, und wir durften sie dabei beschnuppern. Das war schon schön. Meine Schwester konnte ihrem Hobby Tiermedizin nachgehen und untersuchte die Kleinen jedes Mal. Das genoss sie sichtlich. Und als sie dann das erste Mal zur Tierärztin mussten, kletterten wir gleich mit auf dem Tisch, denn schließlich muss man da schon aufpassen, dass die denen nicht wehtut! Gehören ja immerhin zum Rudel, auch wenn sie etwas komisch aussehen.

 Mit der Zeit wurden die beiden aber größer und selbstbewusster. Wenn es draußen nicht mehr so warm ist, dürfen sie in der Wohnung hoppeln, wie gerade jetzt auch. Das finden wir gar nicht lustig, denn die kennen wirklich keine Grenzen. Einmal saß Bonnie sogar in unserer Wasserschüssel! Und weil ihr Fell am Popo so dicht ist, dauerte es ewig, bis sie da wieder raushoppelte! Selbstverständlich erwarteten wir dann eine perfekt geputzte Schüssel von unserem Menschen. Wer trinkt schon gern Kaninchenpopowasser?

Unser größtes Problem mit den Kaninchen ist allerdings ein anderes: Auf den beiden liegt ein „Nein“. Und das wissen die ganz genau, die Langohrratten. Als sie das erste Mal ausbrachen, war unser Mensch gerade im Treppenhaus beim Putzen. Konnte ja keiner damit rechnen, dass sie aus dem Auslauf rauskommen. Jetzt hatten wir wirklich ein Problem. Die sollten da ja wieder rein, und wir dürfen sie ja nicht anfassen, und vor allem, wo fasst man denn so ein Hoppelviech an? An den Schlappohren? Wir waren verwirrt, denn Ärger wollten wir ja auch nicht riskieren. Also hatten wir eine klasse Idee: Wir hefteten uns einfach jede an so einen dicken Kaninchenpopo und passten auf, dass die zumindest nichts kaputt machten. Man weiß ja nie, am Ende heißt es dann, wir waren das. Irgendwann, nach einer halben Ewigkeit, kam dann unser Mensch wieder zurück. Das Gesicht könnt ihr euch bestimmt lebhaft vorstellen! Die Kaninchen unterwegs und wir beiden jede mit der Nase an so einem Popo! Die Ausbrecher wurden wieder in ihren Auslauf verfrachtet und wir bekamen Massen an Keksen. Geht doch.

Es dauerte aber nicht lang, dann wurden die beiden immer frecher. Wir verziehen uns ja ohnehin schon in unsere Bettchen, denn wir wollen ja auf keinen Fall geschimpft werden. Leider suchen diese lästigen Schlappohrraten immer Anschluss! Da kann man ja gar nicht entkommen! Ein Highlight war, als dann Bonnie meinte, sie müsse es sich ausgerechnet mitten auf meiner Schwester bequem machen. Das war ein Schauspiel! Nachdem ja ein „Nein“ auf dem Viech liegt, konnte sie sich gar nicht rühren. Ich muss gestehen, ich fand es zum Brüllen komisch! Unser Mensch hat Bonnie dann schnell entfernt. Aber das Lachen verging mir, als Bonnie beschloss, sich zu mir in meine schicke Kuschelhöhle zu quetschen! Das geht doch nicht! Da passt genau ein Lillykringel rein! Böse Zungen behaupten sogar, es handle sich hierbei um eine Katzenhöhle, aber das weise ich entschieden von mir! 

 Unser Mensch bemüht sich wenigstens, dem Ganzen Einhalt zu gebieten. Damit nix passiert. Am Ende beißen die uns noch! Als Bonnie das letzte Mal ihre Tage hatte, wollte sie mich wirklich in die Nase zwicken. Ich bin dann ganz schnell davongelaufen und die mir hinterher. Das ist doch nicht normal, sowas… Jetzt ist das mit der Kaninchenerziehung nicht so einfach. Schließlich sind sie nicht unbedingt die Allerschlauesten. Ihr kleines Schlappohrhirn scheint sich darauf zu beschränken, irgendwo raus- oder reinzukommen. Da sind sie dann allerdings echt clever. Unser Mensch hat sich dann Folgendes überlegt: Damit die Kaninchen lernen, dass wir furchtbar gefährlich sind (Das checken die ja komischerweise nicht von allein…), schmeißt sie immer, wenn wir knurren, Sachen nach denen. Gut, es sind nur Taschentuchpäckchen, aber die Idee find ich sehr unterhaltsam. Erst werden Taschentücher gestapelt, dann werden die wilden Tiere (also die Kaninchen) losgelassen und los geht’s. Früher oder später kommen die totsicher zu uns, weil sie ja mit uns kuscheln wollen. Welcher anständige Hund kuschelt denn bitteschön mit Kaninchen? Also knurren wir recht kräftig über zwei Oktaven, und dann fliegen die Taschentuchpäckchen. „Konditionierung“ nennt das unser Mensch. Keine Ahnung, was das bedeuten soll, aber es ist wohl sowas Ähnliches wie Tricks lernen. Kaninchentricks halt. Bonnie hat es nach dem ersten Päckchen tatsächlich schon kapiert. Aber der Bub… Dem können auch zehn Päckchen um die Ohren fliegen und er stellt sich lediglich auf die Hinterhaxen und schaut nach, was das war. Aber heute konnten wir schon einen Erfolg verbuchen: Als sie die Schlafzimmerschwelle überhoppeln wollten, knurrten wir ganz arg laut und die Schlappohrratten machten sofort auf ihren dicken Popos kehrt. Sieg! Vielleicht klappt das ja doch mit der „Konditionierung“.

 Ja, so ist das mit den Kaninchen. Gerade eben musste unser Mensch sich mal wieder eingestehen, dass sie den Kampf um die neue Couch erneut verloren hat. Jetzt muss eine bessere Konstruktion her, weil die beiden Schlaumeier anscheinend die Couch von unten zerkauen. Aber das ist dann wieder eine andere Geschichte. Für heute sind die beiden wieder in ihrem „Alcatraz“ eingesperrt und wir können wieder aufatmen.

 Ein äußerst erleichtertes Nuff an euch alle!

 Lilly und Lunka 

 

 

 

 

 



 

Autor:

Lunka und Lilly sind zwei kleine Mischlingshunde aus dem Tierheim Kezmarok am Fuße der Hohen Tatra in der nordöstlichen Slowakei. Sie kamen als einjährige Junghunde im Sommer 2008 nach Deutschland. Ihr Zustand war wie bei vielen Hunden aus dem Ausland nicht gut, obwohl es noch deutlich schlimmere Fälle gibt. Sie waren sehr mager und verängstigt. Gerade deshalb ist es immer wieder erstaunlich, wie sehr sich die beiden gemacht haben. Aus ihrem „ersten Leben“ weiß man nicht viel. Sie kamen wohl als Welpen noch an die Kette und fristeten so ihr erstes Lebensjahr. Als sie dann mit einem Jahr noch nicht furchteinflößend genug waren, wollte man sie wohl beseitigen. Genaues weiß man nicht, aber nachdem Plastiktüten und raschelnde Folien immer noch ein großes Problem sind, kann man sich wohl seinen Reim darauf machen. Allerdings werden Tüten, die möglicherweise Leckerlis enthalten, mittlerweile eher freudig begrüßt. Große Angst haben sie immer noch vor Männern mit Stöcken bzw. Angeln, vor sehr dominant auftretenden Menschen und Hunden sowie vor kleinen Kindern. Umso beachtlicher ist es, wie mutig sie schon geworden sind. Unseren kleinen Ausflug in die Welt der Schule haben sie sehr genossen; ebenso besuchen wir mittlerweile mit großer Begeisterung jeden zweiten Samstag ein Alten- und Pflegeheim für Demenzkranke. Es ist sehr anrührend zu beobachten, wie sehr sie auf die kranken Menschen eingehen. Interessanterweise lassen sie sich von diesen auch alles gefallen. Selbst wenn jemand etwas gröber ist, verzeihen sie das sofort und gehen auch sofort wieder zu demjenigen hin. Bei gesunden Menschen würden sie das nicht tun. Selbstverständlich gilt hier wie auch in allen anderen Bereichen, die wir uns nach und nach erobern: Sobald die beiden zeigen, dass sie sich unwohl fühlen, wird die möglicherweise stressbesetzte Situation unterbrochen. Auf diese Weise trauen sie sich nun immer mehr zu und so werden sie auch zu einem schönen Beispiel, was aus den ominösen „Tierschutzhunden aus dem Ausland“ alles werden kann. Das Tierheim Kezmarok ist in der sehr armen Region, in der es liegt, zumeist die einzige Chance für viele Hunde und Katzen. Selbstverständlich darf man sich dieses Asyl nicht vorstellen wie eines unserer deutschen Tierheime. Es gibt nicht auf dem ganzen Gelände Strom, und um eine Wasserleitung kämpfen wir seit Jahren. Seit letztem Sommer existiert immerhin ein Auslauf, denn bis dahin fristeten die Hunde den Großteil ihres Lebens im Zwinger. Es gibt keine nennenswerten Innenanlagen, d. h. wenn es im Winter bitterkalt wird (letzten Winter wochenlang um die -20 Grad!), wird das Überleben vor allem für kleinere und kurzhaarige Hunde schwierig. Die Katzen bewegen sich frei im Umland und kommen zum Füttern. Trotz dieser Zustände ist das Tierheim Kezmarok eine Lebensaufgabe für Idealisten, denn im Gegensatz zu den bekannten staatlichen Tierheimen wird dort immerhin kein Tier getötet, und die dortigen Mitarbeiter kümmern sich mit größtmöglicher Liebe und Zuwendung um die Tiere. Im Sommer 2011 wurde das Tierheim vom nahe gelegenen Gebirgsbach überschwemmt und zum großen Teil zerstört. Nur durch die beeindruckende Hilfe der dortigen Bevölkerung und den spontanen Einsatz deutscher Tierschutzvereine und durch viele Spenden aus Deutschland konnte es wieder aufgebaut werden. Die Tierhilfe Hohe Tatra Kezmarok e.V. ist ein sehr junger Verein, der sich der Unterstützung des Tierheims in Kezmarok verschrieben hat. Neben der Vermittlung von Hunden und Katzen ist ein Hauptziel, das Tierheim durch Spenden und tatkräftige Hilfe zu unterstützen. So wurde der Verein zu einer wichtigen Stütze für Tier und Mensch.

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